Durchhaltewillen und professionelles Verhalten
Rede zur Brevetierung vom 28. März 2018
Sie, liebe Anwärterinnen und Anwärter, stehen heute im Mittelpunkt dieser Feier und Sie und Ihre Familienangehörigen sind sicher auch etwas aufgeregt. Heute werden Sie nach einer anstrengenden und intensiven Ausbildungszeit ins Korps aufgenommen. Auch ich bin ein wenig aufgeregt, wenn ich hier das erste Mal bei einer Brevetierung vor Ihnen stehe. Denn ich weiss, wie wichtig und ehrenvoll dieser Moment für Sie ist. Es freut mich, dass wir heute mit Ihnen motivierte und gut ausgebildete Anwärterinnen und Anwärter als Polizistinnen und Polizisten resp. als PSA brevetieren können.
Ich habe die Anwärterinnen und Anwärter an der Durchhalteübung besucht, und zwar in einem Moment, der mich sehr beeindruckt und berührt hat. Morgens um halb sechs, nach vielen anstrengenden Stunden, nach langen Märschen, Velofahrten, nach dem Abseilen ins Nichts und Schiessübungen, mussten Sie noch ins kalte Wasser springen und noch einen Spritzer Pfefferspray in die Augen ertragen. Sozusagen der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte. Aber Sie haben die letzten Kräfte nach dem fast 30 Stunden langen anstrengenden Parcours mobilisiert und standgehalten. Alle haben die letzte Hürde mit Bravour genommen.
Stehvermögen, Durchhaltewillen und professionelles Verhalten auch in unerwarteten und schwierigen Situationen: Das zeichnet Angehörige der Kantonspolizei aus. Auch nach all den Strapazen habe ich Sie, liebe Anwärterinnen und Anwärter, anschliessend als aufgestellte, freundliche junge Menschen erlebt, die zwar noch mit geröteten Augen, aber mit Stolz auf die erbrachte Leistung zurückblicken konnten. Die Durchhalteübung wird euch alle in lebendiger Erinnerung bleiben, das haben mir die anwesenden alten Füchse unseres Korps bestätigt.
Ich bin stolz auf euch, liebe Anwärterinnen und Anwärter, und bin überzeugt, Ihr werdet euren Beruf mit Freude und Verantwortung ausführen. Ihr werdet vollen Einsatz und professionelles Verhalten auch in schwierigen Situationen zeigen, auch wenn Ihr an die Grenzen eurer Kräfte kommt. Das wird in eurer künftigen beruflichen Tätigkeit zwangsläufig ab und zu eintreten. Ihr werdet manch Positives, aber leider auch Negatives erleben. Wie Ihr aber an dieser Durchhalteübung gewachsen seid, so werdet Ihr im Laufe der Jahre auch an den gemachten Erfahrungen wachsen, und das ist gut so.
Die Polizei erfüllt zentrale Funktionen im gesellschaftlichen Zusammenleben. Sie ist die Hüterin der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Egal, wie viel über die Polizei geschimpft wird, im Grunde genommen zählen alle auf Sie. Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn Ihre Arbeit nicht immer geschätzt wird. Unverständnis und Anfeindungen sind wahrscheinlich manchmal wie der Spritzer Pfefferspray ins Auge nach der Durchhalteübung. Bleiben Sie auch in solchen Situationen würdige und überzeugte Repräsentanten der Polizei.
Die Herausforderungen sind heute grösser denn je. Die Deliktzahlen sind zwar in den letzten Jahren eher zurückgegangen, auch dank guter Präventionsarbeit der Polizei und grossem Einsatz bei der Aufklärung. Die Arbeit bei der Polizei verlangt aber von allen Korpsangehörigen immer vielfältigeren und intensiveren Einsatz. Auch wenn wir in den nächsten Jahren zum Glück personell etwas aufstocken können, bleiben die Ressourcen angesichts der zunehmenden Aufgaben beschränkt. Gebiete wie Einbruchdiebstähle, strukturierte Kriminalität und Internetkriminalität stellen grosse Herausforderungen dar. Nur dank dem grossen und motivierten Einsatz aller Korpsangehörigen können wir sie bewältigen. Besonders wichtig ist aber - und das habe ich bei meinen Besuchen an der Front erleben dürfen - die Visitenkarte, welche der einzelne Polizist, die einzelne Polizistin bei den Bürgerinnen und Bürger hinterlässt. In den letzten Monaten konnte ich die Polizeiarbeit mit all Ihren Facetten durch Besuche in den Regionen, bei den Abteilungen kennen und schätzen lernen. Ich hatte bereits vor meinem Amtsantritt ein positives Bild von der Polizeiarbeit im Kanton Solothurn, dieses Bild hat sich nun nicht nur bestätigt, sondern sogar verstärkt. Ich bin wirklich beeindruckt von der Arbeit unserer Korpsangehörigen. An dieser Stelle danke ich allen ganz herzlich für Ihren Einsatz, für Ihr Engagement und für Ihre Treue zur Kapo.
Der persönliche Umgang mit unserer Bevölkerung, das verständnisvolle Gespräch, das professionelles Verhalten auch in schwierigen Situationen: Das alles schafft Akzeptanz und Vertrauen in die Polizeiarbeit. Akzeptanz und Vertrauen ist generell wichtig, aber gerade bei jenen Menschen, die von der Polizeiarbeit direkt betroffen sind, bei Menschen, die eine Straftat begangen haben, bei Opfern, bei Zeugen. Ich bin überzeugt, dass Sie, geschätzte Anwärterinnen und Anwärter, in ein Korps aufgenommen werden, in dem sich alle in diesem Sinne in den Dienst unserer Bevölkerung stellen, wo das Bewusstsein vorhanden ist, dass Polizeiarbeit und deren Akzeptanz davon abhängt, wie man auch in schwierigen Situation den Betroffenen begegnet. Es ist alles andere als einfach, mit Aggressionen, bösen Worten und verärgerten Bürgerinnen und Bürger umzugehen. Respekt und Mitgefühl, Abgrenzung und Klarheit spielen dabei eine wichtige Rolle und werden auch im Korps selber hochgehalten. Ich habe die Kapo als gut strukturierte und auf allen Ebenen mit Augenmass geführtes Korps erlebt und ich bin überzeugt, dass alle die in dieses Korps eintreten, beste Chancen erhalten, sich im Beruf als Polizist oder Polizistin weiterzuentwickeln und zu Persönlichkeiten und zu tragenden Stützen des Polizeikorps zu reifen.