Eine der wertvollsten Ausbildungen

Festrede vom 28. Juni 2018

Sie haben es geschafft, ihre Ausbildungszeit ist vorbei und Sie haben erfolgreich ihren Abschluss gemacht. Sie haben vieles gelernt, viele Erfahrungen gemacht und viel Freud und Leid gesehen in den vergangenen 3 Jahren. Vielleicht sind Sie bereits bestens vorbereitet in ihre Ausbildung eingestiegen, vielleicht haben Sie nicht genau gewusst, was Sie erwartet. Ich bin aber sicher, Sie erinnern sich noch, wie es war, als Sie die angefangen haben. Früh aufstehen, lange körperlich anstrengende Tage, all die neuen Begriffe, der anfangs ungewohnte Umgang mit Menschen in verschiedensten persönlichen und medizinischen Situationen, die Unsicherheiten und Belastungen, wenn es darum gegangen ist, erste selbständige Arbeiten, auch unangenehme Arbeiten, zu verrichten.

Heute ist alles selbstverständlich, oder doch das meiste? Sie haben sich an die körperliche Arbeit gewöhnt, kennen sich in der Pflege und Betreuung bestens aus und sind gerüstet und motiviert für die Berufswelt. Sie haben eine wichtige und umfassende Ausbildung als Fachfrau/Fachmann Gesundheit erfolgreich durchlaufen, sich viel Wissen angeeignet und viele Erfahrungen gesammelt.

Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zum erfolgreichen Abschluss. Mit dem Abschluss der Ausbildung beginnt für einige von Ihnen bereits der nächste berufliche Ausbildungsschritt und für die andern der Arbeitsalltag auf dem gelernten Beruf. Auch wenn ich euch allen eine Verschnaufpause gönnen mag, sich auf dem Gelernten ausruhen, das ist keine Option. Das Gesundheitswesen ist ständig im Wandel, Weiterbildung hat auch künftig einen wichtigen Stellenwert, aber das macht Ihren Beruf auch spannend.

Sie können stolz sein. Sie haben einen Beruf gewählt und eine Ausbildung gemacht, die eine der wichtigsten, ja wertvollsten ist in unserer Gesellschaft. Sie alle helfen, unterstützen, pflegen, betreuen Menschen. Menschen, die Ihre Hilfe brauchen, stehen im Zentrum ihres Berufsalltags, das fordert Sie jeden Tag von neuem.

Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten im Pflegebereich geändert, sei es im Spital, im Pflegheim, in der Spitex und andern Institutionen.  Aber die menschlichen Erfahrungen sind auch heute noch die gleichen.  Ich kann mich erinnern, als ich während meiner Schulzeit an den Wochenenden jeweils in einem Alters- und Pflegheim als Aushilfe im Reinigungs- und Küchenbereich gearbeitet hatte. Am Sonntag musste ich jeweils auf der Pflegeabteilung die Zimmer wischen. Obwohl das jetzt schon 40 Jahre her ist, kommt es mir vor, als ob es gestern gewesen wäre. In einem der Zimmer sass eine Frau teilnahmslos im Stuhl, starrte vor sich hin, murmelte immer die gleichen Worte und nahm keine Notiz von mir. Im nächsten Zimmer traf ich auf eine Frau, die mir immer die gleiche Geschichte erzählte. Ich nahm mir Sonntag für Sonntag ein wenig Zeit, um ihr zuzuhören, wie sie mir von ihren Kindern erzählte, die so selten zu Besuch kämen. Auf dem Gang traf ich dann jeweils auf eine Frau, die selig ihre Puppe im Arm hielt. Die Bilder sind bei mir tief eingeprägt, da sie mich so traurig machten.

Dies, obwohl ich in diesem Alters- und Pflegheim auch ganz viel Positives erlebt hatte, während meiner Arbeit in der Küche und in der Cafeteria ganz viele vergnügte und gesprächige Bewohnerinnen und Bewohner getroffen habe, die sich herzlich bedankten, wenn ich ihnen den Kaffee gebracht hatte.

Als ich dann 40 Jahre später meine Mutter in der Demenzabteilung des Pflegeheims besuchte, kamen die Bilder wieder in mir hoch als ich sie dort auf dem Sofa sitzen sah. Doch ich wurde auch angenehm überrascht, fand ich meine Mutter doch eines Nachmittags tanzend mit einem Lächeln im Gesicht. Tatsächlich hat die FaGE ab und zu ein Tänzchen gemacht mit den Bewohnerinnen und Bewohner. Als Angehörige war ich sehr froh, um jede Aufmerksamkeit, die meiner Mutter vom Pflegepersonal geschenkt wurde. Es ist auch heute noch möglich, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen und den Menschen, den man pflegt oder betreut, in den Mittelpunkt zu stellen.

Wir wissen es alle, der Kostendruck und der hohe administrative Aufwand, den es zu bewältigen gilt, führt manchmal auch zu Frustrationen. Es sind oft Kleinigkeiten, die ärgern und geändert werden könnten. Lassen Sie sich nicht beirren, als Fachfrau und als Fachmann Gesundheit sind Sie an der Front. Sie kennen die Patientinnen und Patienten, Sie begegnen den Angehörigen und Sie wissen oftmals am besten, wo der Schuh drückt. Eine wenig Zuwendung, ein Eingehen auf eine spezielle Situation, eine organisatorische Änderung und alles sieht viel positiver aus. Nur Kleinigkeiten? Gerade diese Kleinigkeiten haben oft grosse Wirkung. Scheuen Sie sich nicht, sich konstruktiv einzubringen, Sie sind ein wichtiges Glied, eine wichtige Stimme auch in Ihrem Betrieb, wo Sie arbeiten.

Sie sind als Berufsleute im Pflegebereich heute und auch in Zukunft eine wichtige Stütze für die Versorgung im stationären wie auch im ambulanten Bereich. Ohne Sie würde das Gesundheitsystem heute und auch künftig nicht mehr funktionieren. Auch wenn die Belastung manchmal sehr hoch ist: Ihr berufliches Engagement ist wichtig! Aber geben Sie sich auch Sorge, damit Sie sich Befriedigung und Freude in Ihrem beruflichen Wirken erhalten können.

Ich möchte meinen Dank aber auch an alle Arbeitgeber, die Ausbildnerinnen und Ausbildner richten, die bereit waren und es immer mehr sind, sei es im stationären Bereich oder sei es im Bereich der Spitex, junge Menschen auszubilden. Die Zahl der Ausbildungsplätze hat in den letzten Jahren zugenommen. Es sind noch nie so viele Berufsleute im Bereich Gesundheit ausgebildet worden. Das ist erfreulich und ich danke auch der Sodas für ihr Engagement in dieser Sache.  

Liebe Fachfrauen, liebe Fachmänner Gesundheit, Sie haben eine anspruchsvolle Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, sie können stolz sein, Sie widmen sich einem die wichtigsten Bereiche in unserer Gesellschaft. Ich wünsche Ihnen viel Befriedigung, viel Freude und Erfolg in Ihrem Beruf.

Zurück