Erfinden wir eine neue 'Altstadt'
Sie sei überrascht, wie schön unser Kantonshauptort Solothurn mit all den Beizen und der Altstadt mit den vielen Läden sei, sagt mir die Kollegin aus Olten. Offenbar hat sie die erzwungne Reise zum Biometriezentrum erstmals auf die Idee eines Solothurner Stadtbummels gebracht. Sie werde wohl bald wieder nach Solothurn zum Lädele fahren, meint sie beeindruckt.
Aarau sei doch viel schöner zum Einkaufen, meint eine andere Kollegin, die in einer Nachbargemeinde von Olten wohnt. Mit dem Auto fahre sie jeweils vor die Tore der Stadt und kaufe dann zu Fuss in der schönen Altstadt ein. Und was ist denn mit Olten? Nach Olten fahre sie halt nicht zum Lädele, sondern nur wenn sie vorher ganz genau wisse, was sie wo einkaufen wolle. Ob es an den Parkplätzen liege, frage ich sie. Vielleicht? Wenn sie nach Aarau oder auch Solothurn fahre, dann könne sie halt einfach am Rande der Einkaufszone parkieren und in den verkehrsfreien Innenstädten gefahrlos flanieren. Was in Olten vor allem fehle, seien Vielfalt und Auswahl.
Nun, die Aarauer haben eine verkehrsfreie Innenstadt und Parkierungsmöglichkeiten darum herum. Wer einen Parkplatz sucht, kann sich eingangs Aarau auf grossen Tafeln orientieren, wo wie viele Parkplätze noch frei sind. Ein solches Parkleitsystem, von der Stadt längst versprochen, fehlt in Olten bis heute und die Verkehrsfreiheit der Kirchgasse hat man auf Ende 2013 beschlossen, obwohl auch dies längst möglich wäre.
Die verkehrsfreie Hauptgasse der Oltner Altstadt, mit all den Brillenläden, ist einfach zu klein und eintönig, um als Flaniermeile durchzugehen. Als Verlängerung der Hauptgasse der Altstadt muss man sicher die Kirchgasse dazunehmen, auch das Hübeli-Quartier und die belebte Dornacherstrasse. Eine kluge Stadtplanung sollte Möglichkeiten schaffen, damit sich auch in Olten eine attraktive, verkehrsfreie innerstädtische Einkaufszone dort entwickeln kann, wo heute die feinen kleinen Läden sind.
Aber weil in Olten eben lieber politisch gestritten als klug geplant wird, stimmen wir am 13. Juni nicht über eine schöne ruhige verkehrsfreie Flaniermeile im Bereich der Kirchgasse und Parkierungsmöglichkeiten ausserhalb davon ab, sondern über ein Parkhaus, das mitten in das Gebiet zu stehen kommt, in dem sich lebendige Einkaufsmöglichkeiten entwickeln könnten. Die sogenannte Begegnungszone hingegen ist hauptsächlich dort vorgesehen, wo es gar keine Läden gibt. Dafür aber Autoverkehr, der Fussgängerinnen und Fussgänger gnädigerweise nur mit 20 Stundenkilometer bedrängt.
Auch wenn es uns ärgert, wenn die Leute von Aarau und Solothurn schwärmen, vielleicht wären wir ja gut beraten, dort zu schauen, was wir an positiven Ideen für eine lebendige Stadt gebrauchen könnten. Der direkte Vergleich ist aber nur beschränkt möglich. Oltens Altstadt ist kleiner als bei unseren 'Konkurrenten'. Aber wer sagt eigentlich, dass es historische Gebäude braucht, um autofreie Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen? Erfinden wir eine attraktive neue 'Altstadt'!